Erste Ansätze für eine Gentherapie bei hereditärer spastischer Spinalparalyse

04.12.2019

Erste Ansätze für eine Gentherapie bei hereditärer spastischer Spinalparalyse

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Tübingen – Einen neuen Ansatz zur Behandlung der hereditären spastischen Spinalparalyse (HSP) haben Wissenschaftler vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, der Universität Tübingen sowie dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen entwickelt. Eine Gentherapie soll die neurologische Erbkrankheit direkt am Ort ihrer Entstehung behandeln. Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift Molecular Therapy: Methods & Clinical Development erschienen (doi 10.1016/j.omtm.2019.10.011).

Von der spastischen Spinalparalyse Typ SPG5 ist etwa einer von einer Million Menschen betroffen. „Bei den Patienten sammeln sich durch einen Genfehler verschiedene Cholesterinstoffwechselprodukte in Blut und Hirngewebe an“, erklärt der Erstautor Stefan Hauser. Diese Stoffe bauen sich vermutlich in Zellmembranen ein und verändern dadurch deren Struktur. „Wir gehen davon aus, dass sie auf diese Weise bevorzugt Nervenzellen mit langen Fortsätzen schädigen, wie sie in den motorischen Bahnen im Rückenmark zu finden sind“, ergänzt der Studienleiter Ludger Schöls. Das Gehirn könne dann keine Bewegungs­signale mehr an die Muskeln weiterleiten und der Patient könne nicht mehr gehen.

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Der Therapieansatz zielt auf eine Unterform namens „SPG5“. Bei ihr führt ein defektes Gen zum Anstieg bestimmter Stoffwechselprodukte im Gehirn, die tödlich auf Nervenzellen wirken.

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Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler Mäuse mit SPG5-Gendefekt. Ihnen injizierten sie Botenmoleküle in Form von intakter mRNA ins Blut. Anhand dieser Moleküle konnten die Körperzellen dann Eiweiße bilden, welche die schädlichen Cholesterinstoff­wechselprodukte abbauen. „Bereits eine einzige Injektion führte zu einer deutlichen Absenkung der Stoffe in Blut und Leber innerhalb von 2 Tagen“, berichtet Hauser. „Als wir die Boten-RNA wiederholt verabreichten, reduzierten sich die Konzentrationen dann auch im Hirngewebe.“ Insgesamt wurde die Behandlung im Tierversuch gut vertragen, wie das Forscherteam in weiteren Untersuchungen feststellte.

„Ziel unserer Studie war, die Möglichkeit einer Gentherapie bei der Erkrankung zu beweisen“, sagte Schöls. „Wir konnten zeigen, dass die Methode effizient und sicher ist und somit einen guten Therapieansatz darstellt.“ Das Team plant nun, die Methode für die therapeutische Anwendung bei Patienten zu fortzuentwickeln und dann in einer Pilotstudie zu testen. hil © hil/aerzteblatt.de