Jürgen Dusel: Mehr Bücher für Blinde - Behindertenbeauftragter fordert auf Frankfurter Buchmesse besseren Zugang zu Literatur für Menschen mit Sehbehinderungen

11.10.2018

Derzeit sind nur circa fünf Prozent aller veröffentlichten Werke in Deutschland für blinde, sehbehinderte und anderweitig lesebehinderte Menschen barrierefrei zugänglich. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, forderte heute auf der Frankfurter Buchmesse deutliche Verbesserungen. Voraussichtlich kommende Woche Donnerstag entscheidet der Bundestag über einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Urheberrechts, mit dem die sogenannte EU-Marrakesch-Richtlinie umgesetzt werden soll.

 

„Der bislang vorliegende Gesetzentwurf ist verbesserungsfähig, denn es besteht die Gefahr, dass sich die derzeitige Situation für die Betroffenen nicht verbessert, sondern aufgrund zusätzlicher Verpflichtungen für Blindenbibliotheken eher noch verschlechtert“, warnt Dusel. „Wichtig wäre vor allem eine langfristige und verlässliche Finanzierung der Blindenbibliotheken, sowie deren Befreiung von urheberrechtlichen Vergütungspflichten. Beides ist jedoch nicht vorgesehen“, so Dusel. „Wir müssen die gleichberechtigte Teilhabe an schulischer und beruflicher Bildung, Kultur sowie Politik und Gesellschaft gewährleisten. Menschen mit Behinderungen müssen endlich die Chance haben, sich wie alle anderen auch aus Literatur, die der Allgemeinheit zugänglich ist, zu informieren“, so Dusel.

 

Hintergrund:

Deutschland ist verpflichtet, den Vertrag von Marrakesch beziehungsweise die entsprechende EU-Marrakesch-Richtlinie auf nationaler Ebene umzusetzen. Ziel des Vertrags von Marrakesch ist es, deutliche Verbesserungen beim Zugang für blinde und sehbehinderte Menschen zu bewirken. Anfang dieser Woche Montag (8. Oktober) fand bereits eine Anhörung im zuständigen Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz statt.

 

Verlage sind nicht verpflichtet, Bücher und Hörbücher barrierefrei am Markt anzubieten. Daher haben es Blindenbibliotheken in Deutschland übernommen, Literatur für Menschen mit Sehbehinderungen barrierefrei aufzubereiten, zum Beispiel in Braille-Schrift oder als Hörbuchfassungen. Diese Bibliotheken finanzieren sich überwiegend aus Spenden der Nutzerinnen und Nutzer. Der bislang vorliegende Gesetzentwurf sieht keine konkrete finanzielle Unterstützung vor, damit deutlich mehr Literatur barrierefrei gemacht werden kann und der Vertrag von Marrakesch vollständig umgesetzt wird. Gefährdet wird die Arbeit der Blindenbibliotheken auch durch die urheberrechtlichen Vergütungspflichten gegenüber Verlagen und Verwertungsgesellschaften und die vorgesehenen bürokratischen Pflichten gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt. Auch die von Deutschland umzusetzende UN-Behindertenrechtskonvention würde mit dem Gesetzesentwurf in Bezug auf den Zugang zu Informationen (Artikel 21) und Teilhabe am kulturellen Leben (Artikel 30) nicht ausreichend berücksichtigt.

 

Die Internationale Bibliotheken Vereinigung (International Federation of Library Associations and Institutions IFLA) bewertet den Gesetzesentwurf in einem Bericht ebenfalls als unzureichend. Der IFLA-Bericht ist hier zu finden:

 

https://ifla.org/files/assets/clm/update_marrakesh_eu_june_2018.pdf

 

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Regine Laroche

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