Meningomyelozele: Pränatale Chirurgie mit guten Langzeitergebnissen

28.01.2020

Meningomyelozele: Pränatale Chirurgie mit guten Langzeitergebnissen

Dienstag, 28. Januar 2020

Pittsburgh – Die Vorteile einer pränatalen Chirurgie der Meningomyelozele, einer beson­ders schweren Variante der Spina bifida, waren bei den Nachuntersuchungen einer wegweisenden randomisierten Studie auch im Grundschulalter der Kinder nachweisbar.

Die in Pediatrics (2020; doi: 10.1542/peds.2019-1544) vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass die Kinder sich bis zum Alter von 6 bis 10 Jahren seltener Nachoperationen unter­ziehen mussten und häufiger ohne Gehhilfen auskommen als Kinder, die erst nach der Geburt operiert wurden.

Die Meningomyelozele gehört zu den frühzeitig im Ultraschall erkennbaren Fehlbil­dungen. Der fehlende Verschluss des Neuralrohrs in der Embryonalphase führt zu einer Spaltbildung in der Wirbelsäule. Durch den Spalt wölben sich Teile der Rückenmarkhäute (Meningen) und des Rückenmarks (Myelon) nach außen. Dieser „Bruch“ (Zele) ist anfällig für Verletzungen, die infolge der Beteiligung des Rückenmarks häufig zu Behinderungen oder zum Tod führen.

Die Meningomyelozele muss so rasch wie möglich chirurgisch korrigiert werden. Dies war lange Zeit erst nach der Geburt möglich. Mittlerweile gibt es zahlreiche Pränatalzentren, die die Reparatur im Mutterleib durchführen.

Die Operation war nicht nur wegen der zusätzlichen Narbe umstritten, die sie auf der Bauchhaut der Mutter hinterlässt. Die pränatale Operation geht auch mit einer beträcht­lichen Rate von Frühgeburten einher, die die Startchancen des Kindes verschlechtern könnten.

Das US-National Institute of Child Health and Human Development hat deshalb in einer randomisierten Studie die pränatale mit der postnatalen Operation verglichen. Die Studie wurde 2010 nach Einschluss von 183 von 200 geplanten Kindern vorzeitig abgebrochen.

Zwar war es zu der befürchteten erhöhten Rate von Frühgeburten gekommen: 79 % der pränatal, aber nur 5 % der postnatal operierten Kinder wurden vor der 37. Woche gebo­ren. Doch die Vorteile überwogen klar: Wie N. Scott Adzick vom Children's Hospital of Philadelphia damals im New England Journal of Medicine (2011; 364: 993-1004) berich­teten, benötigten die pränatal operierten Kinder im 1. Jahr seltener einen Shunt zur Behandlung eines Hydrozephalus (40 versus 82 %).

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Auch die motorischen Funktionen waren besser. Im Alter von 30 Monaten konnten 42 % der pränatal, aber nur 21 % der postnatal operierten Kinder ohne Gehhilfen laufen.

Jetzt stellen Amy Houtrow von der Universität von Pittsburgh und Mitarbeiter die Ergeb­nisse einer Nachbeobachtung im Grundschulalter vor. Die zwischen 6 und 10 Jahre alten Kinder können häufiger selbstständig gehen, wenn der Eingriff pränatal durchgeführt wurde (93 versus 80 %). Sie kommen dabei häufiger ohne Orthesen oder Hilfsmittel aus (29 versus 11 %).

Auch die Häufigkeit von Shunt-Platzierungen ist weiterhin seltener (49 versus 85 %) und es mussten seltener Shunts ersetzt werden (47 versus 70 %). Die Gruppe erzielte im FRESNO-Score auch ein höheres Maß an motorischen Fähigkeiten (92 versus 85 Punkte).

Nur im Vineland-Score, der Fähigkeiten zur Kommunikation, zur Unabhängigkeit im täglichen Leben und zu sozialen Interaktionen bewertet, waren die erhofften Vorteile nicht nachweisbar.

Dennoch überwiegen die positiven Ergebnisse, die erfreulicherweise bis ins Grundschul­alter andauern, finden die Autoren. Sie weisen aber darauf hin, dass die fetale Chirurgie ein komplexer Eingriff ist und dass optimale Ergebnisse nur von einem erfahrenen Team zu erwarten seien. © rme/aerzteblatt.de