Ministerium streicht umstrittene Regelung bei Intensivpflege
Politik
Ministerium streicht umstrittene Regelung bei Intensivpflege
Dienstag, 28. Januar 2020
/dpa
Berlin – Bei der geplanten Reform der Reha- und Intensivpflege hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Kehrtwende vollzogen. Versicherte, die künstlich beatmet werden müssen, sollen nun im Wesentlichen selbst entscheiden können, wo sie versorgt werden wollen, wie aus einem neuen Referentenentwurf des BMG hervorgeht. Dieser liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Wünschen der Versicherten, die sich auf den Ort der Leistung richteten, sei zu entsprechen, „soweit die medizinische und pflegerische Versorgung an diesem Ort tatsächlich und dauerhaft sichergestellt werden kann“, heißt es. Dabei seien die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände zu berücksichtigen.
Die Krankenkassen sollen den Anspruch auf außerklinische Intensivpflege regelmäßig – mindestens jährlich – prüfen. Dazu sei eine Begutachtung des Medizinischen Dienstes zu veranlassen, heißt es im Referentenentwurf. Die Begutachtung ist Pflicht. Werde diese verweigert, könne die Leistung in der eigenen Häuslichkeit versagt werden.
Gegen den bisherigen Entwurf aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte es heftigen Widerstand von Betroffenen und auch den Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern gegeben. Sie sprachen von einem klaren Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention und nicht zu vertretenden Eingriffen in die Grundrechte.
Hauptkritikpunkt war, dass die außerklinische Intensivpflege mit Beatmung in den eigenen vier Wänden bei Erwachsenen nur noch die absolute Ausnahme sein sollte. Betroffene sollten entweder in stationären Pflegeeinrichtungen oder in speziellen Wohneinheiten mit strengen Qualitätsanforderungen untergebracht werden.
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Mit dem Gesetz will Spahn auch regeln, dass Beatmungspatienten schneller entwöhnt werden. Die aktualisierten Pläne sehen nun vor, dass bei Versicherten, die beatmet wer-den oder tracheotomiert sind, mit jeder Verordnung außerklinischer Intensivpflege das Potenzial zur Reduzierung der Beatmungszeit bis hin zur vollständigen Beatmungsentwöhnung und Dekanülierung sowie die zu deren Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu erheben und zu dokumentieren sind.
Zugleich sollen Qualitätsanforderungen festgelegt werden. Hintergrund des Gesetzes war auch, dass unseriöse Pflegeanbieter mit häuslicher Intensivpflege Hunderttausende Euro verdient haben sollen.
2018 gab es unter gesetzlich Krankenversicherten 19.000 Menschen in der ambulanten und 3.400 in der stationären Intensivpflege, die künstlich beatmet werden müssen. Die Gesamtausgaben betrugen 1,9 Milliarden Euro. © may/kna/aerzteblatt.de