Sjögren-Syndrom kann schwere Polyneuropathien auslösen

24.09.2019

Sjögren-Syndrom kann schwere Polyneuropathien auslösen

Dienstag, 24. September 2019

Hannover – Die Autoimmunerkrankung Sjögren-Syndrom kann schwere Polyneuro­pathien auslösen. Das berichten Wissenschaftler umThomas Skripuletz, Neuroimmuno­loge an der Klinik für Neurologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in der Fachzeitschrift Frontiers in Immunology (doi:10.3389/fimmu.2019.01600).

Häufige Ursachen für Polyneuropathien sind Diabetes oder Alkoholismus. Die Schädigung zeigt sich unter anderem durch Kribbeln an den Händen, Taubheitsgefühlen in den Füßen und Schmerzen. Sind Nerven betroffen, die Muskeln steuern, treten Lähmungen an Armen und Beinen auf, die Betroffene langfristig völlig bewegungsunfähig machen können. Bei jedem 4. Patienten mit diesem in der Neurologie häufig auftretenden Krankheitsbild stellten die Ärzte jetzt ein sogenanntes Sjögren-Syndrom als Auslöser fest.

„Das Sjögren-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung, die in erster Linie die Tränendrüsen in den Augen und die Speicheldrüsen im Mund angreift“, erklärt Torsten Witte, Rheuma­tologe an der Klinik für Immunologie und Rheumatologie der MHH. Doch auch Lunge, Nieren und das Nervensystem können betroffen sein. „Bislang war allerdings nicht bekannt, dass das Sjögren-Syndrom schwere Polyneuropathien auslösen kann“, so der Rheumatologe.

In der Klinik für Neurologie der MHH ist Skripuletz vor etwa 4 Jahren auf einen möglichen Zusammenhang gestoßen. Seitdem ist der Test auf das Sjögren-Syndrom bei Patienten mit einer Polyneuropathie in der Klinik Routine. Innerhalb von 2,5 Jahren erkannten die Neurologen bei 44 von 184 Patienten die Autoimmunerkrankung als Ursache für die Beschwerden.

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Für die Diagnose testen die Mediziner die Tränen- und Speichelproduktion des Patienten. Zusätzlich untersuchten sie im Blut einen typischen Antikörper. „Etwa die Hälfte unserer Patienten hat diesen klassischen Antikörper jedoch nicht“, erläutert der Neuroimmunologe. Bei diesen Patienten kläre erst eine nachge­wiesene Entzündung der Speicheldrüsen, ob tatsächlich ein Sjögren-Syndrom vorliege. Die dafür notwendige Gewebeprobe der Unterlippe haben Ärzte der HNO-Klinik der MHH entnommen.

Die Diagnose Neuro-Sjögren bedeutet für Patienten mit schwerer Polyneuropathie laut den Forschern mehr als eine bloße Ursachenforschung. Durch die Behandlung des überreagierenden körpereigenen Abwehrsystems mit immununterdrückenden Medika­menten konnten die Neurologen bei vielen Patienten ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern und sogar schwere Behinderungen bessern, hieß es. © hil/aerzteblatt.de