Fingolimod erhöht Risiko auf Fehlbildungen
Fingolimod erhöht Risiko auf Fehlbildungen
Montag, 29. Juli 2019
Amsterdam und Bonn – Der Verdacht, dass der Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Agonist Fingolimod, der seit 2011 zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) zugelassen ist, Fehlbildungen auslösen kann, hat sich offenbar bestätigt. Nach Informationen der europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) treten bei Neugeborenen, deren Mütter das Medikament in der Schwangerschaft einnehmen, doppelt so häufig Fehlbildungen auf wie bei anderen Neugeborenen.
Die Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren, die Fingolimod „moduliert“, werden in der vorgeburtlichen Phase an den Blutgefäßen und im Nervensystem exprimiert. In den präklinischen Studien kam es häufiger zu einem fetalen Verlust und zu Fehlbildungen an der Gefäßen (persistierender Truncus arteriosus oder ventrikuläre Septumdefekte).
Die Fachinformationen des Medikaments Gilenya enthalten entsprechende Warnhinweise und den Patientinnen wird während der Behandlung zu einer sicheren Empfängnisverhütung geraten. Der Hersteller hat ein Schwangerschaftsregister eingerichtet, das seit der ZulassungInformationen zu Neugeborenen sammelt, die während der Schwangerschaft mit Fingolimod exponiert wurden.
Die Befürchtungen haben sich jetzt offenbar bestätigt. Nach Angaben der EMA kam es bei Säuglingen, die während der Schwangerschaft Fingolimod ausgesetzt waren, doppelt so häufig zu Fehlbildungen wie in der Allgemeinbevölkerung, wo die Häufigkeit bei 2 bis 3 Prozent liegt. Die Exposition mit Fingolimod hatte laut EMA Herzfehler (atriale und ventrikuläre Septumdefekte, Fallot-Tetralogie), Nierenanomalien und muskuloskelettale Anomalien zur Folge.
Damit dürfte an einer Teratogenität von Fingolimod kaum noch zu zweifeln sein. Die EMA rät deshalb die Maßnahmen zur Vermeidung von Schwangerschaften zu verschärfen. Die Verordner müssen künftig sicherstellen, dass die Patientinnen über das Risiko schädlicher Auswirkungen auf den Fetus im Zusammenhang mit der Fingolimodbehandlung informiert werden.
zum Thema
- Pressemitteilung der EMA
- Hinweise des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
- Schwangerschaftsregister zu Fingolimod
- Registrierung der Studie
aerzteblatt.de
- Multiple Sklerose: Häufigeres Therapieversagen bei adipösen Kindern
- Fingolimod: Bewertungsausschuss regelt Vergütung für Behandlung
Die Behandlung darf erst begonnen werden, wenn ein Schwangerschaftstest negativ ausgefallen ist. Die Frauen müssen während der Behandlung und (wegen der langen Halbwertzeit von Fingolimod) in den ersten beiden Monaten nach Beendigung der Behandlung eine effektive Verhütung durchführen. Die Behandlung mit Fingolimod muss zwei Monate vor der Planung einer Schwangerschaft beendet werden.
Wenn eine Frau während der Behandlung schwanger wird, muss die Behandlung abgebrochen werden. Die Patientin sollte dann über das Risiko schädlicher Auswirkungen auf den Fetus medizinisch beraten werden. Die Schwangerschaft sollte engmaschig überwacht und es sollten Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden.
Der Hersteller muss aktualisierte Schulungsmaterialien zur Verfügung stellen. Vorgesehen sind eine ärztliche Checkliste, ein Leitfaden für Patientin, Eltern und Pflegepersonal sowie eine schwangerschaftsspezifische Erinnerungskarte für die Patientin. © rme/aerzteblatt.de