Familiäre Disposition bei akuten Leukämien häufig verkannt

14.12.2018

Familiäre Disposition bei akuten Leukämien häufig verkannt

Freitag, 14. Dezember 2018

/littlebell, Adobe.stock.com

Köln – Bei akuten Leukämien und myelodysplastischen Syndromen (MDS) besteht in bis zu 10 % der Fälle eine erbliche Prädisposition; diese wird bei Auftreten der hämatologischen Neoplasien im Erwachsenenalter häufig verkannt. Zu dieser Einschätzung kommen Tilmann Bochtler und Co-Autoren in der aktuellen Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes (Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 848-54).

Ein Grund dafür liegt darin, dass die meisten Fälle einer erblich bedingten Leukämie- oder MDS-Erkrankung im Kindesalter auftreten, sodass die Hämatoonkologen in der Erwachsenenmedizin mit diesen Krankheitsbildern nicht so vertraut sind. Oft ist auch nur ein Teil der Mutationsträger tatsächlich klinisch manifest erkrankt und die Familienanamnese dann nicht richtungsweisend.Das Erkennen einer genetischen Prädisposition ist wichtig, da sie relevant für die therapeutische Herangehensweise sein kann und den Familienangehörigen die Möglichkeiten einer genetischen Abklärung und verbesserten Vorsorge eröffnet. So wird Trägern einer prädisponierenden Keimbahnmutation, die noch keine manifeste akute Leukämie entwickelt haben, die regelmäßige Blutbildkontrolle empfohlen, üblicherweise in 6-monatigen Abständen. Der frühe Nachweis einer akuten Verlaufsform kann die rechtzeitige Planung einer allogenen Stammzelltransplantation ermöglichen.

Einige hämatologische Neoplasien aufgrund familiärer Disposition weisen eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Chemo- und Strahlentherapie auf, die bei der Behandlung unbedingt berücksichtigt werden muss. Auch sind an akuter Leukämie erkrankte Patienten mit prädisponierender Keimbahnmutation, die kurativ mit konventioneller Chemotherapie behandelt werden, einem erhöhten Risiko ausgesetzt, aus der Prädisposition heraus erneut an einer akuten Leukämie zu erkranken. Dies kann den Ausschlag für eine frühe allogene Stammzelltherapie geben. Das Wissen um die Keimbahnmutation führt dazu, dass bei Verfügbarkeit potenzieller familiärer Spender Mutationsträger vermieden werden.